Verletzt durch Böller oder Rakete? So geht Erste Hilfe
Veröffentlicht: Montag, 29.12.2025 00:05

Silvester
Köln/Berlin (dpa/tmn) - Mal ist schlichtweg Pech im Spiel, mal Leichtsinn: Wenn Silvesterrakete oder Böller viel zu nah am Körper explodieren, kommt man im besten Fall mit dem Schrecken davon. Im schlimmsten Fall aber startet man mit einer schweren Verletzung ins neue Jahr.
«Verbrennungen, Augenverletzungen, Handverletzungen, teils sogar abgerissene Körperteile», zählt DRK-Bundesarzt Prof. Bernd Böttiger auf, was Notfallmedizinerinnen und -mediziner jedes Jahr rund um den Jahreswechsel sehen und behandeln.
Wie handelt man richtig, wenn es zu einem Unfall mit Feuerwerk gekommen ist? Ein Überblick.
Die Haut ist knallrot, wirft vielleicht sogar Blasen. Was tun bei Verbrennungen?
Jetzt ist Kühlen angesagt - mindestens 20 Minuten lang. Worauf es dabei ankommt:
- Geeignet ist kühles Wasser. Eiskalt darf es aber nicht sein, sonst drohen Unterkühlungen.
- Im Gesicht können zum Kühlen feuchte Tücher zum Einsatz kommen. Die Atemwege müssen aber immer frei bleiben, so der Bundesarzt des DRK.
- Die Brandwunde sollte im Anschluss locker und - wenn möglich - keimfrei bedeckt werden, etwa mit einem Verbandstuch.
- Besondere Vorsicht gilt bei großflächigen Verbrennungen und wenn Kinder und Babys betroffen sind. «In dem Fall sollte man beim Kühlen besonders darauf achten, dass es nicht zu Unterkühlungen kommt», so der Notfallmediziner. Gerade in diesen Fällen ist schnelle medizinische Hilfe oft wichtig.
Apropos Hilfe: Mit kleineren Verbrennungen muss man womöglich nicht direkt in die Notaufnahme, sondern kann erstmal abwarten. Bei der Entscheidung hilft das Bauchgefühl. «Viele Menschen haben ein gutes Gefühl dafür, wie gravierend Verletzungen sind», sagt Bernd Böttiger. Wichtig aber, wenn schon ordentlich Sekt und Co. geflossen sind: «Die Entscheidung sollte immer die Person treffen, die am wenigsten oder gar keinen Alkohol zu sich genommen hat.»
Worauf kommt es an, wenn eine Hand verletzt ist und stark blutet?
Starke Blutungen sind ein Fall für den Notruf 112. Wichtig ist nun, dass der Körper nicht gefährlich viel Blut verliert.
Daher sollten Ersthelferinnen und Ersthelfer die Verletzung entsprechend versorgen. «Wenn eine Wunde sehr stark blutet, muss man auf die Blutung draufdrücken, um sie zu stillen», sagt Böttiger. Das macht man am besten mit einem sterilen Tuch aus einem Verbandskasten. Die verletzte Person sollte ihre Hand dabei hochlagern bzw. Ersthelfer können ihr dabei helfen, das zu tun.
Die Verletzung blutet trotzdem munter weiter? Dann ist Zeit, einen Druckverband anzulegen - und zwar so:
- Das Material, das man vorher auf die Wunde gedrückt hat, durch eine Wundauflage ersetzen.
- Eine Mullbinde zwei- bis dreimal herumwickeln, um die Wundauflage zu befestigen.
- Ein Druckpolster auf den Bereich der Wunde legen und die Mullbinde zwei weitere Male umwickeln. Dann befestigen.
Ein Böller hat Finger oder Fingerkuppe abgerissen - und nun?
Auch das ist ein Fall für den Notruf 112. «Man kann davon ausgehen, dass es erstmal ordentlich blutet», sagt Bernd Böttiger. Daher ist auch hier erst einmal wichtig, die Blutung zu versorgen.
Ist das geschehen, kümmern sich Ersthelferinnen und Ersthelfer um das Amputat, wie Mediziner einen abgerissenen Körperteil nennen. Folgendes Vorgehen erhöht die Chancen, dass Finger oder Fingerkuppe wieder implantiert werden können:
- Den Körperteil in ein möglichst keimfreies Stück Stoff einwickeln, «vorher nicht säubern und auch nicht abwaschen», sagt Bernd Böttiger. Ist kein Verbandstuch griffbereit, tut es auch ein sauberes Stofftaschentuch oder ein Einstecktuch vom Anzug, «nur Papiertaschentücher lieber nicht, sonst hängen Flusen am Amputat.»
- Das Amputat in einen Plastikbeutel geben und ihn gut verschließen.
- Diesen Plastikbeutel in einen zweiten Plastikbeutel geben. Dieser zweite Beutel ist mit kaltem Wasser - und falls vorhanden - Eis gefüllt. «Das Amputat sollte im inneren Beutel unter der Wasseroberfläche liegen, sodass es gekühlt wird. Es darf aber nicht mit dem Wasser im äußeren Beutel in Berührung kommen - daher das Beutel-in-Beutel-Prinzip», sagt Böttiger.
Aua! Eine Rakete ging ins Auge. Worauf kommt es jetzt an?
Ist da «nur» eine Schürfung der Hornhaut entstanden oder hat sich ein Fremdkörper in den Augapfel gebohrt? «Beides tut sehr weh», sagt Bernd Böttiger. Eben weil Laien in dem Fall die Schwere von Augenverletzungen schwer einschätzen können, gilt: «sofort ins Krankenhaus oder den Rettungsdienst über die 112 rufen», so der Experte vom Deutschen Roten Kreuz.
Bis Hilfe eintrifft, sollte das Auge der verletzten Person ruhiggestellt werden. Oder konkreter gesagt: beide Augen. «Verbindet man nur eines, kann die Person mit dem anderen noch sehen - und dann bewegen sich beide Augen», sagt Böttiger.
Wie lässt sich das Risiko für all diese Verletzungen senken?
Ein wichtiger Anfang, um sicher mit Böllern, Raketen, Batterien und Co. zu hantieren: die Gebrauchsanweisung sorgfältig lesen und sie befolgen, rät die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU).
Zünden sollte man ausschließlich geprüfte Feuerwerkskörper. Erkennen kann man sie am CE-Zeichen und an der Prüfnummer der BAM, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. Selbstgebastelte oder manipulierte Raketen und Co. sind hingegen tabu: Sie können früher oder stärker als erwartet explodieren.
Noch ein Tipp der DGOU, um das Verletzungsrisiko zu senken: Feuerwerkskörper wählen, die nicht in der Hand gezündet werden.
Wer Böller, Raketen und Co. nach draußen trägt, sollte das nicht direkt am Körper tun, etwa in Jacken- oder Hosentaschen. Zünden sie dort versehentlich, explodieren sie nämlich direkt am Körper.
Ebenfalls wichtig: Knallkörper, die beim ersten Mal nicht gezündet haben, kein zweites Mal anstecken - eine Regel, für die Eltern ihre Kinder unbedingt sensibilisieren sollten.




